EU verhängt Schutzzölle auf Stahlprodukte

Mit Wirkung zum 18.07.2018 hat die EU mit Veröffentlichung im Amtsblatt L181/39 die Durchführungsverordnung (EU) 2018/1013 in Kraft gesetzt. Darin werden weitreichende Schutzmaßnahmen für die gesamte Stahlindustrie definiert. Hintergrund ist der deutliche Importanstieg in die EU sowie die von den USA getroffenen Maßnahmen gegen die dortigen Einfuhren von Stahlprodukten. Angesichts der anhaltenden weltweiten Überkapazitäten geht die EU von einer wahrscheinlichen Zunahme der Einfuhren nach Europa aus.

In den Erläuterungen zum Hintergrund begründet die EU ihre Entscheidung u.a. mit der Entwicklung der Gesamteinfuhren über einen längeren Zeitraum (2013 bis 2017), sowie dem direkten Vergleich der ersten Quartale von 2017 und 2018; insgesamt stiegen die Importe in fast allen Warengruppen deutlich. Im betrachteten Langzeitzeitraum wurde für Betonstabstahl eine Zunahme von 126%, bei Walzdraht aus nicht legiertem Stahl (u.a. WR-Material) +86% und bei Draht (u.a. KR-Material) ein Plus von 26% registriert. Für den Quartalsvergleich ergab sich ein Anstieg von 162% Betonstabstahl, 14% Walzdraht – u.a. WR und 15% Draht (u.a. KR-Material) der Importe in die EU. Aufgrund einer genauen Untersuchung des Gesamtmarktes kommt die EU zu dem Ergebnis, dass es in 23 Warengruppen zu einem plötzlichen, steilen und beträchtlichen Anstieg der Einfuhren gekommen ist, der angesichts der zu erwarteten Handelsumlenkung in Zukunft noch erheblicher ausfallen könnte. Dabei wird ebenfalls berücksichtigt, dass die Maßnahmen der USA für alle Stahlerzeugnisse gelten, ohne dass nach Form, Größe oder Zusammensetzung unterschieden wird.

Einige der wichtigsten Ausführer in die USA sind auch traditionelle Stahlzulieferer der EU, daher wird infolge der Schutzmaßnahmen der USA eine erhebliche Handelsumlenkung erwartet. Nach einer Berechnung der EU könnten 72% der derzeitigen Stahleinfuhren der USA auf den EU-Markt umgelenkt werden, was 55% der gesamten Stahleinfuhren der EU in 2017 entspricht. Dabei wird davon ausgegangen, dass diese zusätzlichen Einfuhren die Produktion innerhalb der EU verdrängen werden. Zudem stellen die weltweiten Überkapazitäten in Verbindung mit der Nachfrage in den Augen der EU eine großes Risiko für die Stahlindustrie der EU dar. Daneben sind zwischenzeitlich auch in Drittländern handelsbeschränkende Maßnahmen als Reaktion auf das Überangebot eingeführt worden, um ihre inländischen Hersteller zu schützen.

Als Gegenmaßnahme und um einen drohenden ernsthaften Schaden abzuwenden, hat die EU-Kommission beschlossen, Schutzmaßnahmen einzuführen. Gleichzeitig berücksichtig die EU-Kommission dabei, dass es auch Interessensgruppen gibt, die ihrerseits Nachteile aus solchen Schutzzöllen (wie z.B. Angebotsknappheit) befürchten. Daher sollen die Schutzmaßnahmen die bisherigen Einfuhrmaßnahmen wahren und lediglich die darüber hinausgehenden Mengen begrenzen. Es wird ein System mit Zollkontingenten eingeführt, das für die traditionellen Handelsströme kein Hindernis darstellt. Erst für die über diese Kontingente hinausgehende Einfuhren werden Schutzzölle wirksam. Die Festlegung des Schutzzolls auf 25% wird als ausreichend angenommen, um einen ernsthaften Schaden zu verhindern und Einfuhrströme in Höhe des traditionellen Handels zuzüglich 10% zuzulassen. Diese Festlegung gilt zunächst für 200 Tage.